2019
Musikalische Rarität:
Chöre präsentieren das „Glöckchen von Heisterbach“
Partitur von Friedrich Ullrich entdeckt:
Familiengrab erinnert an Godesberger Musikverleger
2014 zu Carmina Burana
2014 zu Joseph Gabriel Rheinberger: Weihnachtliches Festkonzert
Johann Sebastian Bach
Weihnachtsoratorium I - III: Romantischer Schmelz
Gleich zu Beginn ließen die Chorsänger das Zagen und wagten sich zupackend an die Koloraturen des Eingangschores. Deutlich die Dominanz des Soprans; offensichtlich leiden auch hochqualifizierte Laien-Ensembles unter dem mangelnden Zulauf von Männerstimmen.
Ausdruckswille, Mut zur dynamischen Differenzierung und eine saubere Artikulation kennzeichneten auch die weiteren Einsätze. Pavel Brochin führte Chöre (das Gymnasium Oberpleis übernahm den Sopran im Choral Nr. 7) und Orchester sicher und im Tempo unerbittlich. ... Am Ende gab es anhaltenden Applaus für die musikalischen Lokalmatadoren.
General-Anzeiger, 14. Dez. 1998
Weihnachtsoratorium IV - VI: Freude am Klang
Im Vergleich mit den glanzvollen ersten Teilen des Bachschen Weihnachtsoratoriums haben es die für das Neujahrsfest, den Sonntag nach Neujahr und Epiphanias komponierten Kantaten IV - VI immer schwer gehabt. Das bekamen auch der Kammerchor Oberpleis und das Kammerorchester Oberpleis zu spüren:
Die Stiefkinder des Oratoriums lockten zwar immer noch viele Zuhörer in die Godesberger Marienkirche, ausverkauft war das Konzert jedoch nicht.
Selber Schuld, wer nicht da war. Anders als im Gästehaus auf dem Petersberg konnte sich in der dankbaren Akustik der Kirche die Ausdrucksfähigkeit des Laienchores entfalten....
General-Anzeiger, 12. Jan. 1999
Jacques Brel
Wochen vor dem großen Ereignis ziehen Plakate mit der schemenhaften Darstellung des Chansonsängers Jacques Brel mit weitausholender Geste die Blicke an. Es ist die Ankündigung eines großen Ereignisses, bei dem in einem Open-Air-Konzert in Bonn die berühmteste Interpretin seiner Lieder - Juliette Greco - auftreten wird.
Dieses Festival wird veranstaltet zum Todestag eines großen Künstlers. Jacques Brel starb vor zwanzig Jahren, gerade 49 Jahre alt geworden. Mehr als 500 Chansons hat er hinterlassen. Chansons, die von Liebe und Leidenschaft erzählen, aber auch gegen Heuchelei und Spießertum gerichtet sind. Seine letzte Lebenszeit verbrachte Jacques Brel auf einer Südseeinsel nahe Tahiti, und Lieder aus dieser Region haben ihn inspiriert und begeistert. So lag es nahe, die musikalische Retrospektive mit Originalliedern aus Tahiti zu beginnen. Der Kammerchor Oberpleis hat sich dieser ehrenvollen Aufgabe mit viel Enthusiasmus und Neugier gewidmet.
Pavel Brochin schreibt zu den Originalklängen aus Tahiti für den Chor singbare vierstimmige Chorarrangements, die von einer Rhytmusgruppe begleitet werden.
Mit Hilfe einer Choreographin werden tänzerische Bewegungen studiert. Die fremden Texte - ohne jeden sprachlichen Bezug - sind eine echte Herausforderung:
Varavara oe te arii o Tahiti
E to oe na mau ratere
I to outou tareaa mai
I to matou nei fenua
... Mit diesen Klängen wurde das abendliche Festival eröffnet, das neben den Auftritten von Klaus Hoffmann und der Vorstellung einer Brel-Suite seinen Höhepunkt im Auftritt von Juliette Greco hatte! Eine Malerin hielt alle Szenen dieses Konzerts fest, das nicht nur für alle Jacques Brel-Fans, sondern vor allem für den Kammerchor Oberpleis einen besonderen Höhepunkt darstellte.
Gen-Welten
Das Ausstellungsprojekt "Gen-Welten" widmete sich einem Thema, das in der Öffentlichkeit sehr kontrovers und emotional diskutiert wird. Die Forschungsergebnisse der Genetik haben viele Auswirkungen auf den Alltag, so z.B. bei der Produktion von Medikamenten und Nahrungsmitteln. Die Ausstellung hat die vielen Facetten der Gen-Forschung informativ und kritisch dargestellt.
Die in Paris lebende Künstlerin, die auch mit einem Kunstobjekt in der Ausstellung vertreten war, wurde mit dem Rahmenprogramm der Eröffnung beauftragt. Sie schien hierfür besonders geeignet, da es ihr immer wieder weltweit in Ausstellungen und lebenden Bildern gelingt, den Zuschauer durch hintergründigen Witz mit dem Thema Natur und Zivilisation zu konfrontieren.
Das Tableau vivant "Mehrlinge", bei dem der in weiße Labormäntel gekleidete Kammerchor Oberpleis und 60 Kaninchen den "lebenden Teil" darstellten, ließ die Zuschauer der Eröffnungsveranstaltung so auch - teils ratlos, teils amüsiert - an solch einer Konfrontation teilnehmen. Pavel Brochin hatte die Vorstellungen der Künstlerin Gloria Friedmann musikalisch umgesetzt in disharmonische Klänge und Töne - für den Kammerchor neben der "schauspielerischen" auch eine besondere musikalische Herausforderung.
Brita Larenz
Joseph Haydn
Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuz
Der Petersberg lag an der Wolga. Diesen Eindruck jedenfalls bekamen die Zuhörer beim Konzert des Moskauer Kammerorchesters "Gnessins´ Virtuosos" mit dem Kammerchor Oberpleis in der Rotunde des Gästehaus Petersberg. In Eigenregie hatte der Oberpleiser Kammerchor schon zum zweiten Mal die jugentlichen Musiker aus der Gnessin-Musikschule zu einer gemeinsamen Konzertreise nach Deutschland holen können.
Der Kontakt kam durch den Chorleiter Pavel Brochin zustande. ... Die Gnessins´ Virtuosos eröffneten instrumental mit dem Konzert für Trompete in E-Dur von Johann Nepomuk Hummel. ...
Einen Stimmungsumschwung und zugleich den Höhepunkt stellte die Aufführung des anspruchsvollen Haydn-Oratoriums "Die sieben letzten Worte des Erlösers am Kreuz"dar. Mit Unterstützung der ausgezeichneten Solisten Eugenia Grekova (Sopran), Elena Bulanjkova (Meszzosopran), Alexej Burmistrov (Tenor) und Alexander Tsimbalov (Baß) von der Chorakademie Moskau und den Gnessin-Streichern legte der Oberpleiser Kammerchor Zeugnis ab von seiner Entwicklung zu einem homogenen Klangapparat....
Dem Kammerchor Oberpleis ist mit seiner Interpretation eine bemerkenswerte Leistung gelungen. ...
General-Anzeiger, 23. Sept. 1996
Felix Mendelssohn-Bartholdy
Elias
Königswinter. Beim Stichwort "Birmingham" klingelt es Freunden des deutschen Schlagers in diesen Tagen sicher in den Ohren. Viel früher als ein heimischer Chor sorgte ein deutsches Werk in der britischen Stadt bei seiner Uraufführung 1846 anläßlich eines Musikfestes für Furore: Felix Mendelssohn-Bartholdys "Elias". Die Faszination, die von der alt-testamentarischen Figur Elias ausgeht, inspirierte Kunst und Musik zu allen Zeiten. Das prominenteste, künstlerische Beispiel lieferte wohl Marc Chagall, der den Propheten "Elija" auf einem Mosaik beim Ritt auf dem Feuerwagen darstellte...
Jetzt erfuhr das Oratorium auf dem Petersberg eine glanzvolle Aufführung. Das wurde vor ausverkauften Rängen durchgeführt und stand mit 680 Besuchern dem Zuspruch beim Weihnachtskonzert nicht nach. Diesmal hatte der Chor unter Pavel Brochin Verstärkung aus Dresden erhalten. Der gemeinsame Auftritt besiegelte den Beginn einer musikalischen Freundschaft der Chöre, die beide Mitglieder im "Verband Deutscher Konzertchöhre" sind.
Gewaltig und mit Sinn für dramatische Steigerungen setzte der Ensemble-Zusammenschluß die packenden, mitunter lautmalerischen Chöre um, wußte dabei auch dynamisch zu schattieren. Versierte Stimmen hatte der Chor vor allem mit den Solisten an seiner Seite. Die wußten sich nicht nur in Ihren Soloparts, sondern auch in Duetten, Terzetten und Quartetten zu profilieren.
Über einen charaktervollen starken Baß verfügt Michael Krause. Mit Sabine Kallhammer (Sopran) war eine schillernde junge Stimme für die kurzfristig erkrankte Silke Evers eingesprungen, die ihr Profil auch in Duetten mit der gereiften Altstimme Irmtraud Grieblers bewahrte. Mit großer Beweglichkeit und geschmeidiger Tonformung wußte schließlich Alexander Efanov von seinem Tenor zu überzeugen. ...
Von Susanne Haase-Mühlbauer, General-Anzeiger, 5. Mai 1998
Thüringer Orgelsommer
Bach 2000 Auch nach mehr als 250 Jahren hat die unmittelbar anrührende Kraft und der tief packende Ausdruck der Musik Bachs an nichts eingebüßt, eher gewonnen. (Bachforscher Christoph Wolff) Am 28. Juli jährte sich der Todestag von Johann Sebastian Bach zum 250. Mal. Das nahmen Musiker rund um den Erdball zum Anlass, des Komponisten zu gedenken.
Mit von der Partie war auch der Kammerchor Oberpleis, dem in diesem Jahr eine ganz besondere Ehre zuteil wurde: Als erster westdeutscher Chor gestaltete der Chor um Pavel Brochin am 24. Juni in
der Bach-Kirche in Arnstadt das Eröffnungskonzert des "Thüringer Orgelsommers", der im Jahr 2000 ganz im Zeichen Bachs stand und sang dort das "Magnificat, D-Dur" und die "Messe g-Moll".
Der Orgelsommer findet jährlich statt und kommt den erhaltenswerten Orgeln im Bundesland Thüringen zugute, er steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel.
Beteiligt sind stets rund 90 Städte, darunter Eisenach, Weimar, aber auch Leipzig und eben Arnstadt, in dessen Bach-Kirche jeweils das Eröffnungskonzert gegeben wird. Ferner trat der Chor in der Kirche von Schloßvippach, in der Hochzeitskirche von J.S. Bach in Dornheim und in der Wehrkirche in Kaltensundheim auf und brachte bei diesen Konzerten u.a. "Drei marianische Gesänge" von Edgar Elgar zu Gehör sowie Choräle von Johann Sebastian Bach.
Das Publikum dankte überall mit reichlichem und herzlichem Applaus. Die Teilnahme am" Thüringer Orgelsommer" im Bachjahr 2000 stellte für den Kammerchor eine Herausforderung dar, der er sich mit großer Freude stellte.
Gioacchino Rossini
Petite messe solennelle
Im ausverkauften Kuppelsaal des Petersberg-Gästehauses veranstaltete der Kammerchor Oberpleis seinen Abgesang auf das Konzertjahr 1997.
Es stand im Zeichen von Gioacchino Rossini mit dessen letzter größeren Komposition, der "Petite messe solenelle" für vier Solistenstimmen, Chor und Klavier. Seit März hat der Chor dieses Werk einstudiert, das er erstmalig auf einer Konzertreise im Sommer nach Frankreich in Paris und Evry aufführte. Aller guten Dinge aber sind drei, und so stellte sich der Chor nach Frankreich und Königswinter auch noch in der Schloßkirche der Universität Bonn vor. Damit dürften die Sängerinnen und Sänger das Werk entgültig verinnerlicht haben, das der deutschen Mentalität und Musikvorliebe ja nicht unbedingt entgegenkommt. ...
Der gar nicht "kleine Kammerchor" mit den über sechzig Stimmen entledigte sich seiner Aufgabe souverän und fast schon routiniert. Immer wieder mußte er sich aufmerksam den Solisten anpassen, die ständig in seine Parts hineinsingen. Eine jederzeit herausragende Leistung. Sie liegt nicht zuletzt begründet in der souveränen Führung durch Pavel Brochin, der das Werk einstudiert hat und die nahezu zweistündige Aufführung auswendig dirigierte.
Glanzlichter steckten auch die Solisten Silke Evers, Irmtraud Griebler,Alexander Efanov und Michael Krause auf, die reizvolle und bravourträchtige Aufgaben im Werk vorfinden. ...
General-Anzeiger, 23. Dezember 1997
Er wurde 1829 in Rußland nahe der Grenze zu Bessarabien geboren, seinen ersten Klavierunterricht erhielt er im Alter von fünf Jahren durch seine Mutter, später in Moskau und Paris bei berühmte Lehrern. Sein erstes öffentliches Konzert gab er als Neunjähtiger, Franz Lizt war sein großer Mentor und Förderer, Konzertreisen durch ganz Europa machten ihn schon in jungen Jahren berühmt. Nach Studienjahren in Deutschland kehrte er 1848 nach Rußland zurück, 1862 gründete er in St. Petersburg das Konservatorium.
Zu seinen Schülern gehörte auch Peter Tschaikowski. Rubinstein lebte einige Jahre in Dresden und kehrte schließlich nach ausgedehnten Konzertreisen nach St. Petersburg zurück, wo er 1894 - hochberühmt und geehrt - verstarb. Als Pianist verband er technische Meisterschaft mit einer faszinierenden Ausdruckskraft. Sein kompositorisches Schaffen zeigte starke Einflüsse der deutschen Romantik, in späteren Lebensjahren auch zunehmend nationale russische Elemente.
Sein umfangreiches Werk umfaßt neben sechs Sinfonien, Streichquartetten, Klavierkonzerten, Liedern und Klaviermusiken die Oratorien "Das verlorene Paradies" (1855), "Der Turmbau zu Babel" (1869), "Moses" (1892) und "Christus" (1893)
Königswinter, Ganz so verloren, wie es zuerst klingt, ist es eigentlich nicht. Anton Rubinsteins Oratorium "Das verlorene Paradies" (op. 54) nach Texten von John Milton zeichnet die Schöpfungsgeschichte bis zum Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies zwar textlich und musikalisch nach. Doch das Paradies müssen Adam und Eva dabei nicht für immer verlassen. Zwei außergewöhnliche Gelegenheiten, das höchst selten aufgeführte Oratorium zu hören, bot jetzt der Kammerchor Oberpleis. ...
... Am Ende machen zwar die "Mächte der Unterwelt" das "Rennen" auf Erden, aber für den Menschen gibt es Hoffnung - auf ein Paradies in sich selber. Im Text von Arnold Schlönbach heißt das so: "Nur genommen, nicht zerronnen ist des Paradieses Glück und durch Tugend neu gewonnen kehrt es einst euch neu zurück."
Pavel Brochin, Leiter des Kammerchores seit 1996, leistete ganze Arbeit an der üppigen Umsetzung des bilderreichen Stoffs aus der Feder Rubinsteins. Wie immer, zählte bis in die letzte Probenphase hinein jede Minute der Vorbereitung. Begonnen hatte diese bereits Anfang des Jahres. Vergangene Woche war dann der Kammerchor "Duchwnoje Woskrzdenije" (Wiedergeburt des Geistes) der Staatlichen Hochschule für Musik aus Moskau angereist, um das doppelchörige Pendant zu dem Königswinterer Chor zu bilden. Die Rollen waren ganz klar verteilt. Rubinstein vertonte das spannungsvolle Machtspiel von Gut und Böse in Form eines "Chores der Himmlischen" und eines "Chores der Empörten" oder der "Höllischen". Rein optisch wurde das beim jetzt gegebenen Konzert mit weißer und schwarzer Kleidung demonstriert.
Brochin, der die Gesamtleitung der beiden Chöre und der Mitglieder des Akademischen Orchesters Bonn beim Konzert übernommen hatte, legte einen straffen Kurs vor. Die Virtuosität der Chöre und das überaus dichte Wort-Ton-Verhältnis gefielen mit ihrer Transparenz und ihrer vorbildlichenklaren Diktion...
...Ob Höllenjubel, Verhängnisrufe oder Halleluja - das romantische Rubinstein-Oratorium gibt viel Gestaltungsspielraum. Schwelgend, bedrohlich und jubilierend, wusste das Ensemble die Ausdruckssprache des 19. Jahrhunderts einzufangen und demonstrierte einmal mehr, dass auch selten aufgeführte Werke - abseits aller "Renner" der Musikgeschichte - ein Platzrecht auf den Bühnen haben.
General-Anzeiger, 15. Sept. 1999